14. Verflixte Warterei

KI-generiertes fotorealistisches Bild. Ein schwarzer Kater sitzt auf einem Küchentisch vor einem Notizbuch. Im Hintergrund eine blaue Einbauküche mit Holzarbeitsplatten und Herd.
Meine Wenigkeit beim Durchgehen von Annas Notizen.

Miau und hallo, meine zauberhaften Leser*innen,

 

eineinhalb Tage nach den Ereignissen der letzten Geschichte (=> 13. Eine unheilvolle Entdeckung) saß ich auf dem Küchentisch vor Annas Kalender und versuchte, mir einen Überblick über den Rest der Woche zu verschaffen, von der noch recht viel übrig war. Anna & Co hielten im Zimmer Mittagsschlaf. Wenn sie mittags nicht zur Ruhe kommen und zumindest ein bisschen schlafen, schlafen sie nachts deutlich schlechter. So viel zu den Theorien zu Schlafstörungen und so großartigen Tipps wie: „Wenn Sie unter Schlafstörungen leiden, vermeiden Sie es tagsüber zu schlafen!“

 

Ich hatte so schlechte Laune, dass ich mich nicht auf die anstehenden To-Dos konzentrieren und daher nicht planen konnte, was ich wann davon erledigen würde. Mir war eher danach, mich in einer dunklen Höhle zu verkriechen. Schließlich schob ich missmutig den Kalender von mir weg. Manchmal sollte eins solchen Stimmungen einfach nachgeben. Wenigstens für ein Stündchen oder so. Vielleicht war ich danach ja besser drauf. Ich kletterte vom Tisch, angelte ein Kissen von einem der beiden Stühle und schob es in die Kammer unter eins der Regale, zwischen Blumenerde und der Werkzeugkiste. Dann rollte ich mich darauf zusammen. Das ist dort gemütlicher, als es jetzt klingt, jedenfalls wenn eins die Nase voll von der Welt und sich selbst hat.

 

Ich war dabei, etwas wegzuschlummern, als ich hörte, wie eins die wirklich winzige Kammer betrat. Ricky, Annas 12-jähriges Innenkind.

„Konnte nicht schlafen“, informierte sie mich, noch bevor ich fragen konnte. Sie quetschte sich zwischen Staubsauger und Wischeimer und setzte sich auf den Boden.

„Was ist los, Kleiner?“, fragte sie, während sie mich samt Kissen auf ihren Schoß zog und zu kraulen begann.

„Nur müde“, versuchte ich auszuweichen.

„Ja, klar. Deswegen bist du seit Sonntagabend mega schräg drauf, weil du ja immer viel zu wenig Schlaf bekommst“, Rickys Stimme war voll von Sarkasmus.

Verflixter Feenstaub. Sie hatten es doch gemerkt. Anna & Co haben unfassbar feine Antennen für Stimmungen. Auch etwas, was sich häufig in gewaltvollen Kindheiten entwickelt, ist es doch überlebenswichtig, rechtzeitig zu spüren, wann beispielsweise eine Situation kippt.

 

 

KI-generiertes, fotorealistisches Bild einer schwarzen Katze mit gelben Augen, die missmutig in die Kamera schaut. Sie sieht verärgert aus.
Moi - in nicht besonders guter Stimmung.

Ja, seit Sonntagabend, seit dem Gespräch über Funk mit Spring nach der Vorstandssitzung war ich sauer. Sauer auf Spring, sauer auf den Vorstand, sauer auf die Welt. Und auch auf mich selbst, ehrlich gesagt.

 

„Du hast dich ziemlich mit Spring gezofft, oder?“, jetzt klang Ricky gar nicht mehr sarkastisch, sondern sehr besorgt. Bevor ich antworten konnte, presste sie die nächste Frage heraus, nun eindeutig mit Panik in der Stimme: „Ihr trennt euch doch nicht, oder?“

 

„Nein!“, meine Antwort kam schnell und bestimmt. Bestimmter als ich mich im Augenblick fühlte. „Wir sind bloß in einer Sache nicht einer Meinung. Das ist kein Trennungsgrund.“

 

Hoffte ich jedenfalls. Doch im Moment war es dran, Ricky zu beruhigen, wusste ich doch nur zu gut, wie es ihr und den anderen jüngeren Anteilen damit geht, wenn es Streit gibt. Sei es untereinander, sei es im Außen mit einer anderen Person oder auch zwischen Lebewesen, die sie beide gern mochten. Es ist jedes Mal bedrohlich und tickt die Angst vor Verlusten an. Und Spring war seit etwa einem Jahr eben auch ein Teil von Annas Leben geworden, nicht nur von meinem. sie zu verlieren wäre also für uns alle furchtbar.

 

Ricky hatte mit dem Kraulen aufgehört und starrte mich an – letzteres kann sie fast so gut wie ich.

„Erzählst du jetzt mal was los ist? Oder muss ich dir jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen?“

 

Und so berichtete ich Ricky zunächst von meinem Besuch im Amt. Irgendwann musste ich Anna & Co sowieso erklären, dass meine magische Feder ihnen nicht mehr würde helfen können. Anna selbst wäre mir lieber gewesen, aber Ricky würde sie jetzt nicht nach vorne lassen, dazu war sie zu sehr in Sorge und zu neugierig.

 

„Diese *****-Hyäne“, brach es aus ihr heraus. Ich hab das Schimpfwort mal zensiert. Ricky ist da nicht gerade fein, wenn sie wütend ist.

„Aber warum hast du dann Streit mit Spring? Verstehe ich nicht. Und was unternimmt der Vorstand jetzt?“

„Nichts. Sie wollen das Ganze beobachten und abwarten.“

„WAAAS?“

Warten, das Reizwort für Ricky schlechthin, führte zu einem Aufschrei, den sicher auch die Nachbar*innen gehört hatten.

Miau.

 

 

Foto eines schwarzen Katers mit gelben Augen, der direkt und streng in die Kamera schaut. Es ist nur sein Kopf und nur ganz wenig vom Körper zu sehen.
Erklärkater - ihr kennt das schon.

Warten, meine zauberhaften Leser*innen, ist für Anna & Co, ein geradezu unerträglicher Zustand, zumindest wenn es länger als ein paar Minuten dauert – und somit etwas, was permanent innere Arbeit bedeutet. Warten auf Bescheide, Warten auf Pakete, Warten auf einen Termin, Warten bei Ärzt:innen, Warten, bis jemensch auf eine Mail, einen Brief, eine Nachricht antwortet. Einfach jede Situation, die mit Warten verbunden ist, die euch so einfällt.

Wie immer gibt es bei dem Thema mehrere Facetten, mehrere Gründe, warum das so ist – und wie immer ist es individuell. Bitte vergesst bei den Geschichten nie, dass ich in erster Linie darüber schreibe, was ich mit Anna & Co erlebe, wie es bei ihnen ist. All das kann für andere Menschen mit kPTBS/pDIS/DIS ganz anders sein.

 

Der sozusagen übergeordnete Grund, warum Warten hier triggert, ist die damit verbundene An-Spannung. Warten ist in der einen oder anderen Weise immer mit Spannung verbunden. In einer gewaltvollen Kindheit sind die Betroffenen in einem permanenten Spannungszustand, Ent-Spannung ist selten bis nie möglich. Dadurch wird diese Emotion, dieser Körperzustand selbst zum Trigger – und zwar völlig egal, auf was eins wartet, ob gut oder schlecht oder neutral.

Ferner lässt Warten Luft für Schreckensszenarien. Traumatisierte sind es von klein auf gewohnt, dass selten etwas Gutes passiert. Ein Beispiel dafür: Kommt ein mit Anna befreundeter Mensch mehr als ein paar Minuten zu spät, geraten einige Innenanteile schnell in einen Strudel von Horrorgedanken und Angst. Bestimmt hatte die Person einen fürchterlichen Unfall. Bestimmt kommt sie gar nicht, weil sie wütend auf Anna ist. Bestimmt … – nun, die Möglichkeiten sind schier endlos. Ich hatte dazu in der Geschichte Elche im Schnee bereits ausführlicher geschrieben.

Hinzu kommt, dass wir in Wartesituationen in der Regel ausgeliefert, ohnmächtig sind. Auch das sind Gefühle aus den Traumasituationen, die selbst zum Trigger geworden sind. Wir können nichts oder nur sehr wenig daran ändern, dass ein:e Paketzusteller*in einfach nicht auftaucht, ein Amt Anträge nicht beantwortet oder ähnliches. Oder die Herzenskatze sich einfach nicht meldet, miau, obwohl kater auf so wichtige Antworten wartet.

 

Als Ricky diesen Text im Entwurfsstadium las (Es sind alle immer sehr neugierig, was ich hier so frühmorgens in die Tasten haue), merkte sie verzweifelt-wütend etwas an, was ich euch nicht vorenthalten will:

„Unsere ersten fünfzehn Jahre waren nichts als Warten. Erst Warten auf die nächste Gewalt, dann Warten, dass es vorbei ist. Und dann von vorne. Dieses Warten allein war schon Folter. Und ist es bis heute.“

 

Heftig. Ich weiß. Aber es geht hier in diesen Geschichten eben auch um die Realität von Menschen mit DIS/pDIS und ihr Erleben bzw. das Erleben einzelner Anteile.

 

KI-generiertes Bild. Fotorealistisch. Schwarzer Kater sitzt in einem blauen Ohrensessel hält ein Mobilfunkgerät in den Pfoten und schaut in die Ferne.
Moi - wartend.

Okay, so viel dazu, einmal alle durchatmen und zurück zur eigentlichen Geschichte:

 

Es hatte am Sonntag lange gedauert, bis Spring sich gemeldet hatte. Ich war stundenlang um mein magisches Funkgerät herumgeschlichen. Ungeduldig, nervös und angespannt. Es war schon Abend, als sie sich endlich meldete. Die Stunden bis dahin zogen sich wie Kaugummi und ärgerlicherweise konnte ich nicht einschlafen. Wie die meisten Katzen nutze ich Wartezeit sonst meist zum Schlafen. Etwas, auf das Anna & Co immer wieder neidisch sind.

 

„Und was habt ihr beschlossen?“, fragte ich also, kaum dass Spring mich begrüßt hatte. Sie antwortete nicht sofort; das kurze Schweigen, bis sie endlich sprach, ließ meine Anspannung noch einmal in die Höhe schnellen.

 

„Ich befürchte“, wieder eine Pause, ich hörte Spring tief durchatmen, dann fuhr sie fort, recht schnell, als wolle sie es hinter sich bringen. „Ich befürchte, du wirst nicht glücklich sein, mit der Entscheidung von Pat und Maxi. Sie wollen tatsächlich erst einmal gar nichts unternehmen, außer abzuwarten und die Lage zu beobachten.“

„Was?“, ich hatte nicht so laut aufgeschrien wie Ricky, aber ich war fassungslos.

„Maxi sagt, sie braucht alle Spion*nnen, um sowohl Minna als auch Nero mit ihren Banden ausfindig zu machen (=> 10.2 Familiengeheimnisse, 11. Snowflake in Not). Sie kann kein Tier abstellen, das rund um die Uhr die Amtsleitung überwacht. Sie hat darauf bestanden, dass wir Konrad zu den Beratungen hinzuziehen. Er sieht das genauso wie Maxi. Zu wenig Personal. Mehr als hin und wieder das Büro der Amtsleitung zu durchsuchen, findet er außerdem unnötig.“

„DAS versteht er unter Beobachten?“, ich war not amused.

„Ja. Er hält die Verbindung zwischen der Amtsleitung und den Unheilvollen aus zwei Gründen nämlich nicht für besonders gefährlich: Die Amtsleitung ist eine eher unwichtige Person in einer eher unwichtigen Position – weltpolitisch gesehen. Womit er, ehrlich gesagt, auch recht hat.“

Ich schnaubte: „Wer weiß, wen sie noch alles rekrutieren, wenn wir sie machen lassen. Laut den Notizen der Amtsleitung soll sie ja in Absprache mit den Unheilvollen weitere Verbündete finden.“

„Dass sie das derzeit versuchen, ist unwahrscheinlich. Das ist der zweite Grund. Es gibt keinerlei Anzeichen für Aktivitäten der Unheilvollen. Nicht mal ein Hintergrundrauschen, wie Konrad es nennt. Die Amtsleitung ohne Kontakt zu Minna kann einfach mal gar nichts anstellen.“

„Ich versteh nicht, wie ihr euch da so sicher sein könnt“, ich war langsam echt genervt von dieser Verharmloserei. „Wir müssen etwas unternehmen. Allein schon wegen Anna.“

„Was willst du denn machen? Wir selbst können die Amtsleitung nicht aus ihrem Job entfernen. Jedenfalls nicht auf legalem Weg. Willst du in eine Polizeistation marschieren und denen erklären, dass eine Bande unheilvoller magischer Tiere eine Amtsleitung zu einer Verbündeten gemacht hat, um die Weltherrschaft an sich zu reißen? Oder in das Büro des Regierenden Bürgermeisters oder gar des Kanzlers?“

Miau, mit den letzten beiden hätte ich zwar durchaus ein Wörtchen zu reden, aber klar, so ging das natürlich nicht. Trotzdem ballte sich in meinem Magen eine gehörige Portion Wut zusammen.

„Haben wir nicht irgendwelche Kontakte zu Regierungsmitgliedern in der menschlichen Welt? Wozu beschäftigen wir die ganzen Diplomat*innen?“

„Im Moment nicht, jedenfalls nicht in Deutschland“, beantwortete Spring meine Frage. Na, großartig.

„Aber wir entfernen wenigstens dieses Papier aus allen Ämtern, oder?“, hakte ich nach.

„Nein. Konrad will nichts tun, dass den Unheilvollen zeigen könnte, dass wir entdeckt haben, was Rosalie getan hat. Deswegen gibt es für dich von Maxi die explizite Anweisung, das Papier nicht selbst zu entfernen und auch ansonsten nichts auf eigene Pfoten zu unternehmen. Soll ich dir ausrichten. Unser entzückendes Killerkaninchen macht dich für die Ereignisse im letzten Jahr verantwortlich. (Sie bezog sich hier auf die Ereignisse der Geschichten 7, 8 und 9, siehe Inhaltsverzeichnis.) Hättest du nicht Rosalie/Heinz in Verdacht gehabt, hätte er euch die Liste nicht geben müssen, die ergo auch nicht von Mary-Jane hätte gestohlen werden können – und die Unheilvollen wären nicht vom Radar verschwunden. Arg absurd, diese Theorie, wenn du mich fragst. Aber er hat Maxi damit leider überzeugt.“

 

In der Tat, das war absurd. Sehr absurd. Aber mehr als die (Schimpfwort eurer Wahl einsetzen, bitte) Begründung regte mich das Verbot als solches auf und noch mehr die Tatsache, dass das unheilvolle Papier weiterhin benutzt werden würde.

„Warum hast du sie nicht davon überzeugt, dass wir was unternehmen müssen, zum grünen Troll?“

„Weil ich keine wirklichen Argumente dafür hatte, Merlin. Davon abgesehen, hat Maxi im Zweifel als Vorsitzende das letzte Wort. Und Konrad hat Maxi und Pat überzeugt, die Füße still zu halten.“

„Aber …“, ich wollte massiv protestieren. Das Argument war schlicht und ergreifend Anna. Es ist mein Job, sie zu unterstützen und zu beschützen. Und nun war durch mich die Magische Welt mit ihren eigenen Konflikten in ihr Leben eingebrochen. Als wäre das nicht schon schwierig genug. Die magische Feder war ein elementares Instrument, um Anna zu helfen. Und nun war sie nutzlos. Ich spürte, wie ich auf Spring wütend wurde. Sah sie denn gar nicht, was das für Anna bedeutete?

„Schatz, ich hab getan, was ich konnte. Außerdem …“, Spring setzte an und brach wieder ab. „Außerdem gibt es das Papier nur in dem für Anna zuständigen Bezirksamt.“

„Was? Nein, ich habe es doch in dem Notizbüchlein gelesen, dass das überall eingeführt wurde.“

„Ich bin heute Nachmittag selbst in das Büro der Amtsleitung gesprungen, in der Hoffnung, etwas zu finden, was Maxi und Pat und vor allem Konrad umstimmt. Dabei habe mir auch dieses Buch noch mal vorgenommen. Du hast Teile der Aufzeichnungen der Amtsleitung falsch verstanden, Schatz. Ich bin zur Sicherheit in einige andere Ämter der Stadt eingebrochen. Auch in das Büro dieses Bürgermeisters. Nicht gut gesichert übrigens. Das Spezial-Papier findet sich bisher tatsächlich nirgendwo anders. In dem Büchlein steht lediglich, dass es die Überlegung gibt, dass das Papier auch in anderen Behörden eingesetzt werden könnte. Perspektivisch. Irgendwann. Eventuell. Da ist aber bisher eindeutig nichts passiert.“

 

Jetzt schwieg ich. Verflixter Feenstaub. Ich hatte in meiner Aufregung nur die Formulierung „in der ganzen Stadt“ gelesen und den Rest nicht mehr sorgfältig studiert – und war dadurch zu falschen Schlüssen gelangt. Nicht gut.

 

Während ich jetzt damit beschäftigt war, mich über mich selbst zu ärgern, fuhr Spring fort: „Ich gehe davon aus, Maxi und Pat übrigens auch, dass das mit dem Papier eine Rache von Rosalie an dir war. Durch dich ist sie aufgeflogen – und ihr war durch ihre Schwester Mathilda bekannt (5. Ein Elchabenteuer und seine Folgen), dass du und vor allem wie du Anna unterstützt. Eine allerletzte Amtshandlung ihrerseits, bevor sie geflohen ist. Wie du vermutlich gesehen hast, trägt der Eintrag über das Spezialpapier das Datum des Tages, an dem Mary-Jane die Liste gestohlen hat.“

Nein, hatte ich natürlich auch nicht gesehen. Dreimal verflixter Feenstaub.

„Sie muss das aber lange vorbereitet haben“, protestierte ich trotzdem. „Das Papier muss in diesem seltsamen kleinen Schränkchen gelagert haben.“

„Halte ich für nicht besonders wahrscheinlich“, widersprach mir Spring auch in diesem Punkt. „Du vermutest das, ja, aber ehrlich gesagt, ist dieses mysteriöse Schränkchen, so wie du es mir mal geschildert hast, viel zu klein, für die Menge an Papier, die du in den Büros gefunden hast.“

Langsam wurde ich unleidlich: „Das mag ja alles sein. Aber wir müssen wegen Anna etwas unternehmen.“

„Merlin, wie oft noch?“, Spring wurde ihrerseits ungeduldig. „Im Moment gibt es nichts, was wir tun können. Maxis Anweisungen sind ganz klar. Volle Konzentration auf die Suche nach Minna und Nero und ihre jeweiligen Verbündeten. Den Rest müssen wir abwarten.“

An der Stelle, meine zauberhaften Leser*innen, habe ich mich dann wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Ich legte einfach auf und hatte es bisher nicht geschafft, Spring erneut anzufunken. Und sie hatte sich auch nicht gemeldet.

 

KI-generiertes Bild. Fotorealistisch. Schwarzer Kater vor blauem Hintergrund schaut bedrückt in die Kamera.
So sehe ich aus, wenn ich etwas unglücklich bin, miau.

Das war der Grund, warum ich nun mit Ricky in der Kammer hockte.

„Okeee, lass uns mal überlegen, was wir wirklich wissen. Was die Fakten sind“, durchbrach Ricky das kurze Schweigen, nachdem ich zu Ende erzählt hatte.

„Willst du jetzt etwa einen Realitätscheck mit mir machen? Die kannst du doch überhaupt nicht leiden!“, ich war etwas irritiert.

„Nur wenn ICH sie machen soll“ kommentierte Ricky und kitzelte mich ein wenig an meiner linken, etwas empfindlichen Hinterpfote. Natürlich musste ich prompt kichern. Wenn mich dort wer kitzelt, ist es vorbei mit der Contenance.

 

„Na, gut. Meinetwegen. Aber dir ist schon klar, dass du gerade meinen Job machst, oder?“

Ricky parierte mit einem knappen: „Hab halt viel von dir gelernt.“

Dann begann sie aufzuzählen, was wir sicher wussten und was lediglich Spekulationen und Sorgen von mir waren: „Zunächst die Fakten. Die Amtsleitung wurde von dieser *****-Hyäne zu einer Verbündeten der Unheilvollen gemacht. Korrekt?“

Ich nickte.

„Wo Minna und ihre Bande steckt, nach der Schlacht mit Neros Bande, weiß niemand. Es gibt keine Hinweise auf Aktivitäten. Richtig?“

Wiederum nickte ich.  

„Das Papier ist nur in diesem einen Amt eingesetzt worden, die Anweisung dazu hat Rosalie am Tag ihrer Flucht gegeben. Das ist für uns allerdings wirklich großer Mist. Sie soll weitere Verbündete finden, was aber offensichtlich nicht passiert ist, da keine weiteren Einträge in dem Notizbuch vorhanden sind – und noch mal – keine Aktivitäten der Unheilvollen zu verzeichnen sind.“

 

Soweit wir wussten, nicht. Also nickte ich, bevor Ricky fragen konnte.  

 

„Das heißt“, fuhr Ricky fort, „alles andere, ob das Papier in dem Schränkchen war, ob das Auswirkungen auf Gesetze usw. hat, sind reine Spekulationen und Sorgen.“

 

Sie grinste mich zufrieden an, bevor sie hinzufügte: „Außerdem finde ich schon, dass Spring versucht hat, uns zu helfen. Sie ist doch extra durch einige Ämter der Stadt gezogen, um etwas zu finden, was ihr helfen könnte, den restlichen Vorstand und dieses Karnickel zu überzeugen.“

 

Sie machte das gut, musste ich zugeben. Dieser letzte Punkt war mir gestern auch klar geworden. Deswegen war ich ja so verärgert über mich selbst: weil ich so wütend auf Spring reagiert hatte, statt zu sehen, dass sie getan hatte, was sie konnte.

 

Tja, meine zauberhaften Leser*innen, kurz zusammengefasst, so ein Realitätscheck (also abzugleichen, was gesagt wurde, passiert ist etc. und was nur in uns vor sich geht und vielleicht auch in die Vergangenheit gehört) kann wirklich sinnvoll sein, sonst landet eins vor lauter Sorge schnell in irgendwelchen Trigger-/Drama-Schleifen. Oder noch schlimmer: in Verschwörungserzählungen. Miau. Ich hatte am Sonntag die Nerven verloren, kaum dass meine magische Feder explodiert war.

 

 

(Eine ganz genaue und sehr gute Anleitung für einen Realitätscheck, speziell für Menschen mit kPTBS und DIS findet sich auf dem Blog der zauberhaften Theresa: https://www.dis-sos.com/realitatscheck/ )

 

Ricky jedenfalls schob mich abrupt von ihrem Schoß, verließ die Kammer und kehrte mit meinem magischen Funkgerät in der Hand zurück.

„Pieps sie an!“

Ich zögerte und entschied dann: „Nein, ich schicke ihr einen Brief mit Schneckenpost. Den kann sie in Ruhe lesen.“

Gesagt, getan. Rasch verfasste ich ein paar Zeilen. Bzw. ein paar mehr. Zunächst entschuldigte ich mich ausführlich (und etwas umständlich, wie Ricky fand) und erklärte im Anschluss, was am Sonntag in mir vorgegangen war. Ich schloss mit einem „Ich liebe dich“. Während ich per Funk eine magische Rote Riesenschnecke für die Zustellung orderte, malte Ricky noch ein großes Herz neben meine Unterschrift. Nun, gut. Nicht mein Stil, aber vielleicht würde es helfen.

 

Und dann, nachdem die Schnecke mit dem Brief von dannen gezogen war, hieß es wieder warten. Miau. Dabei musste ich an einen Freund von mir denken, der seit etwa 100 Jahren auf etwas wartet. Unvorstellbar, auch wenn es im Augenblick, zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Geschichte, so aussieht, als gäbe es berechtigten Grund zur Hoffnung, dass das ein Ende finden könnte.

Aber das ist ein neues Abenteuer. Das erzähle ich euch ein anderes Mal, genauso, wie es mit mir und Spring weiter ging, ob und wann sie sich meldete. Gleich zwei Cliffhanger auf einmal, miau, ich weiß.

 

Wenn euch die Geschichte gefallen hat, hinterlasst mir gern einen Kommentar. Am liebsten hier – oder auf meinen Social Media Accounts.

Wir lesen uns. Bis bald.

 

Es grüßt euch herzlich euer Merlin.

 

 

Kommentare: 3
  • #3

    Hartmut (Sonntag, 01 September 2024 17:12)

    Hallo Merlin, auch wenn Minna verschwunden und Nero irgendwo hingepustet worden ist und man davon ausgehen kann, dass angeblich die Unheilvollen über die Amtsleitung nicht die Welt Politik verändern würden und das das Killerkanickel kein Hintergrundgeräusche hört, heißt aber nicht das nicht doch was geheimes von einer seite der Unheilvollen (nicht sichtbar) passiert.
    Was wirklich tolles ist ist Richy, die überrascht mich schon ganz gewaltig, weil sie hat das analytisch so gut zusammen gefasst, fast so ähnlich wie aus der Serie. Professor T Also, sie könnte noch eine gute Analystin bei der Polizei werden.
    Naja und die Beziehungskiste ist immer schwierig da möchte ich mich gar nicht erst ein mischen, gibt nur ärgern.
    Na dann will ich jetzt mal schauen wies weitergeht, grüße mir alle andern Anna und Co. Und besonders Ricky. �

  • #2

    @energiepirat (Sonntag, 26 Mai 2024 14:30)

    Miau mein liebster Merlin,

    Leider gibt es keinen Link von der Seite Aktuelles auf die neue Gesichte. Ich bin also über das Inhaltsverzeichnis gegangen.

    Schlechte Laune! Das geht mir recht ähnlich, Ich bin bereits übermäßig angespannt, weil mit meinen Schwierigkeiten nichts vorangeht, dafür aber immer wieder neuer Irrsinn auftaucht.

    Ich habe deshalb keine schlechte Laune, aberich bin aufs äußerste angespannt.

    Die Blicke auf Deinen Bildern sagen alles. Und noch mehr.

    Mir geht die Warterei an ungefähr 45 Stellen ebenso aufs Gemüt.
    In einer Dunklen Höhle verkriechen will ich mich nicht.

    Bin aber froh, die beiden Esel beinahe jeden Tag zu sehen.
    Die erhellen mir das Herz. Schlecht schlafen tue ich deshalb nicht, Nur nicht genug. Schlafe langsam ein und werde dann von wohlmeinenden Zeitgenossen morgens geweckt. Ergsbni sist dann eine dauernde Unausgeschlafenheit.

    Du beschreibst mal wieder Ereignisse und damit zusammenhängende Befindlichkeiten, die mir leider nur zu vertraut sind. Aus anderen gründen Anläsen oder so. Aber vertraut.

    Bind einmal mehr fasziniert und berührt. Fühle mich direkt angesprochen. Und das hilft mir.

    Danke Dir mein liebster Merlin

  • #1

    firefly (Sonntag, 26 Mai 2024 13:54)

    Ein wichtiger Punkt, Realitätschecks. Danke für den Link�